Ottheinrich Bibel

Das „erste illustrierte Neue Testament in deutscher Sprache“ wurde um 1430 in Regensburg gefertigt. Der reiche Bilderschmuck der Handschrift stammt zum einen von einigen bedeutenden Meistern aus Regensburger Schulen des 14. Jahrhunderts, wurde jedoch erst 100 Jahre später im Stil der deutschen Renaissance vollendet. Das Rätsel um den Auftraggeber konnte erst vor wenigen Jahren mit dem Namen Herzog Ludwig des Bärtigen von Bayern-Ingolstadt gelöst werden. Die heute in München verwahrte Ottheinrich-Bibel hat darüber hinaus eine wechselvolle Besitzgeschichte aufzuweisen.

Ottheinrich-Bibel

Die nach ihrem ersten nachweisbaren Besitzer benannte Ottheinrich-Bibel ist die erste bis heute erhaltene deutschsprachige Ausgabe des Neuen Testaments. Neben den Texten in deutscher Sprache besticht die Prachthandschrift vor allem mit ihrem reichen Bilderschmuck. Dieser stammt zum einen von einigen bedeutenden Meistern aus Regensburger Schulen des 14. Jahrhunderts, und wurde 100 Jahre nach der Entstehung mit der Ausschmückung durch Mathis Gerung im Stil der deutschen Renaissance vollendet. Die wechselvolle Besitzgeschichte der Bibelhandschrift verdeutlicht zudem ihre einmalige Stellung in der Kunstgeschichte.

Das „erste illustrierte Neue Testament in deutscher Sprache“

Anders als die bis dahin üblichen Bibeln in lateinischer Sprache, die nur von Geistlichen und Gelehrten gelesen werden konnten, ist die Ottheinrich-Bibel in Neuhochdeutsch geschrieben und somit auch für Laien lesbar und verständlich.
Die 46 halb- oder ganzseitigen Miniaturseiten glänzen zum einen durch die Verwendung kostbarster Materialien wie dem reichlich verwendeten Goldhintergrund, zum anderen durch die sofort ins Auge springende Leuchtkraft der Farben, deren Grundlage meist ebenfalls teure Mineralien und andere Stoffe wie Azur oder Purpur bildeten. Neben den kunstvoll wie Tafelgemälde angelegten Hauptbildern, die den Bibeltext illustrieren, faszinieren auch die zu Beginn des Buches häufiger gebrauchten, dann weniger werdenden schwungvollen und gekonnt drapierten Blattranken und die stark farbig oder ebenfalls mit Blattgold gestalteten Initialen.
Als Künstler der älteren Buchmalereien können drei verschiedene Meister unterschieden werden, die wohl in Regensburg an dem Auftragswerk arbeiteten. Sie stammten zum einen aus der sogenannten „Salzburger Werkstatt der Grillinger-Bibel“ und aus dem Umkreis des bedeutenden „Meisters der Worcester-Kreuztragung“. Die Arbeit dieser Künstler beschränkt sich auf die Seiten bis zum Markusevangelium. Für die Ausstattung des weitaus größeren Teils der Handschrift war 1530–32 der Lauinger Maler Mathis Gerung verantwortlich. Dieser orientierte sich bei seiner Arbeit an den Werken der Größten seiner Zeit. So sind seine Miniaturen zur Apokalypse beispielsweise direkt auf Albrecht Dürers Holzschnittfolge zu zurückzuführen.

Das Rätsel um den Auftraggeber

Als Auftraggeber der Ottheinrich-Bibel konnte erst vor einigen Jahren Herzog Ludwig der Bärtige von Bayern-Ingolstadt entdeckt werden, der vor seiner Regentschaft lange Zeit am französischen Hof bei seiner Schwester Elisabeth, der französischen Königin Isabeau de Bavière, verbracht hatte. In einer Rankenbordüre des Buches ist eine französische Devise eingearbeitet, die schließlich als sein Wahlspruch identifiziert wurde. Die Handschrift wurde rätselhafterweise nicht mehr zu Ludwigs Lebzeiten fertig ausgeschmückt, jedoch trotzdem schon gebunden.

Eine wechselvolle Besitzgeschichte

Ludwigs Erbe gelangte mitsamt der Bibel über Erbschaften an die Landshuter Linie der Wittelsbacher und somit in den Besitz Pfalzgraf Ottheinrichs, des späteren Namensgebers, nach Neuburg an der Donau und schließlich nach Heidelberg. Dieser war es auch, der die Fertigstellung der Handschrift bei Mathis Gerung in Auftrag gab.
In den Wirren des 30-jährigen Krieges wurde sie 1622 durch den späteren Kurfürsten Maximilian I. von Bayern als Kriegsbeute nach München verbracht und gelangte von dort wiederum als solche 1632 beim Angriff der Schweden nach Weimar und schließlich nach Gotha. In Gotha blieb die Ottheinrich-Bibel für die nächsten drei Jahrhunderte und war dort unter dem Namen „Gothaer Bibel“ ein Highlight der Sammlung. Im 19. Jahrhundert wurde die Bibel in acht Teile getrennt und gelangte im 20. Jahrhundert zur Hälfte nach Heidelberg und zur Hälfte nach München in die Bayerische Staatsbibliothek. Der leere Einband verblieb in Gotha.
Erst im Jahr 2007 wurden die einzelnen Teile der Ottheinrich-Bibel mitsamt dem Einband durch spektakuläre Ankäufe und großzügige Schenkungen wieder vereint und befinden sich heute in der Bayerischen Staatsbibliothek in München.

Zusätzliche Informationen

Art

Datum

1425

Herkunftsland

Sprache

Deutsch