Der „Zürcher Schilling“ Die unmittelbare Quelle zu den Burgunderkriegen Der „Zürcher Schilling“, eine Chronik des berühmten Diebold Schilling, benannt nach ihrem Aufbewahrungsort, ist die originellste und umfassendste Quelle zu den Burgunderkriegen. Sie entstand um 1480 und führte die um 1420 von Konrad Justinger und 1470 von Bendicht Tschachtlan wiederaufgenommene Tradition bernischer Geschichtsschreibung weiter.Verfasser und Schreiber dieses faszinierenden Werks ist Diebold Schilling der Ältere. Der „Zürcher Schilling“ mit seinen 199 prächtigen Illustrationen ist ein eindrückliches Zeugnis bernischer und eidgenössischer Geschichte. Schilling der Ältere trat 1460 in den Dienst der Berner Kanzlei. Zuvor war er in Luzern tätig gewesen, überließ nun aber das Amt des Schreibers seinem Bruder Hans, dem Vater Diebold Schillings des Jüngeren, des Verfassers der Luzerner Chronik. Hier erhielt der ältere Schilling erste Einblicke in das Verwaltungs- und Gerichtswesen einer Stadt und in die außenpolitischen Verwicklungen eines Standes der Alten Eidgenossenschaft. In Bern stieg er kontinuierlich die Karriereleiter empor. Ab 1468 saß er sogar im Großen Rat. Zusätzlich übte er richterliche Funktionen aus. Außerdem wurde er mit einigen heiklen Missionen beauftragt und nahm persönlich an den Burgunderkriegen teil. Als Burger von Bern lernte er auch Bendicht Tschachtlan kennen, den zu dieser Zeit führenden Kopf der Berner Geschichtsschreibung. Diebold Schilling starb 1486. 1474 erhielt Schilling von den versammelten Räten Berns den Auftrag, eine Chronik der Stadt von ihrer Gründung bis in die damalige Gegenwart zu schreiben. Der Bedeutung der Stadt gemäß begriff Schilling seine Aufgabe im großen Stil. So entstand zwischen 1474 und 1483 das Monumentalwerk der dreibändigen Amtlichen Stadtchronik von Bern. Die Originalfassung des dritten Teils behielt Schilling bei sich: unsere große Burgunderchronik. Sie ist die umfangreichste von Schillings Chroniken. Die offizielle Fassung dieses dritten Bandes wurde in einigen Punkten zensiert. So stellt die Burgunderchronik ein einmaliges Zeugnis dar: Hier kommt die unverfälschte Meinung eines Patrioten klar zum Ausdruck.Allerdings wurden nicht nur hochpolitische Begebenheiten aus dem offiziellen Text gestrichen, sondern etwa auch eine nur noch in der Burgunderchronik vorkommende Geschichte über einen Engerlingsprozeß, von dem Schilling meint, er sei gar luestlich ze hoeren. 1478 hatte nämlich der Berner Leutpriester von der Kanzel aus gedroht, wenn die furchtbare Maikäferplage nicht binnen sechs Tagen ihr Ende finde, werde er die Insekten vor den Bischof von Lausanne zitieren. Die 429 Kapitel des „Zürcher Schilling“ bieten nicht Geschichte im heutigen Sinn. Schilling kümmert sich wenig um hintergründige Zusammenhänge, sondern beschreibt Ereignisse. In jedem seiner Kapitel ereignet sich etwas: Kriegszüge, Plünderungen, Belagerungen, Raub und Totschlag, Gerichtsurteile und Gewalttaten. Und was so lebendig geschildert wird, wird zugleich durch das Bild vermittelt. Schillings schöne, regelmäßige Handschrift, eine gotische Kursive mit schwungvollen Initialen, ist von 199 aquarellierten Federzeichnungen begleitet, die nicht von seiner Hand stammen. Wichtigstes Element der Bilder ist die Landschaft, in der sich das Geschehen abspielt. Allerdings entspricht diese selten der topographischen Realität, sondern entspringt der Phantasie des Künstlers. Der Blick fällt von oben auf die dargestellte Szene, auf Städte, Dörfer, Burgen, die geschickt in das hügelige, in schön gerundeten Linien verlaufende Gelände eingefügt sind. Besonders reizvoll ist die erzählende Art, in welcher der Zeichner den gesamten Verlauf der Burgunderkriege darstellt. Er zeigt fast jede Begebenheit, die im Text erwähnt wird, mit allen Details, zeichnet und malt Belagerungen, kleine Gefechte und das Lagerleben der Soldaten. In der Schlacht fließt Blut, Eidgenossen durchbohren mit Spießen burgundische Reiter, Pferde brechen zusammen. Idyllisches findet sich nur am Rande; Kriegerisches herrscht vor. Als Ganzes ist der Bilderschmuck des „Zürcher Schilling“ von eigentümlichem Reiz, der teils auf dem naiven Realismus der Darstellung, teils auf der unbekümmerten Stilisierung der Helden und Ereignisse beruht. Der wissenschaftliche Kommentarband beleuchtet die Handschrift und ihr Umfeld mit modernsten wissenschaftlichen Methoden von allen Seiten und bietet eine vollständige Transkription des Textes. Folgende namhafte Experten waren an der Ausführung beteiligt: Herausgeber ist Prof. Dr. Alfred A. Schmid, Ordinarius für Kunstgeschichte, Universität Freiburg i.Ü., Präsident der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege; Prof. Dr. Pascal Ladner, Ordinarius für historische Grundwissenschaften, Universität Freiburg i.Ü., Prof. Dr. Carl Pfaff, Ordinarius für Geschichte, Universität Freiburg i.Ü., Prof. Dr. Roger Sablonier, Extraordinarius für Geschichte des Mittelalters, Universität Zürich, Dr. Hugo Schneider, Direktor des Schweizerischen Landesmuseums Zürich, und Dr. Robert Wyss, alt Direktor des Bernischen Historischen Museums.
Datum | 1985/ 1981 |
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Art | |
Sprache | Deutsch |
Herkunftsland |