Die Weltchronik des Rudolf von Ems und die biographische Geschichte um Karl den Großen, verfasst vom sogenannten „Stricker“ sind zwei der beliebtesten Schriftstücke deutscher Gotik und wurden etwa um 1300 zu einem einmaligen Codex vereint. Nicht nur die beiden epischen Textelemente, sondern vor allem die Buchmalereien des Werkes sind aufsehenerregend. Biblische Elemente, antike Heldensagen und Geschichten aus dem Leben Karls des Großen wurden hier auf Goldgrund, in ausdrucksstarker Weise und überraschender Lebendigkeit dargestellt.
Etwa um 1300 wurden zwei beliebte Schriftstücke der deutschen gotischen Dichtung in einem Codex vereint, nämlich die Weltchronik des Rudolf von Ems und das Heldenepos des sogenannten Strickers um Karl den Großen. Die beiden mittelhochdeutschen Verserzählungen sind in Paarreimen gehalten und dekoriert mit lebendigen Miniaturmalereien auf kostbarem goldenem Grund. Der Inhalt des Werkes, dessen Auftraggeber wohl aus höfischer Umgebung stammt, richtet sich an ein ritterliches Publikum und versetzt den heutigen Betrachter zurück ins Mittelalter, an eine gotische Tafelrunde, in der bei Speis´ und Trank die Geschichte der Welt und die Legenden Karls des Großen rezitiert wurden.
Die Weltchronik, die sich, wie im Mittelalter üblich, an der Bibel orientiert, wurde verfasst vom staufischen Hofdichter Rudolf von Ems. Sie entstand im Auftrag des Stauferkönigs Konrad IV. und erzählt die Geschichte der Erde in über 33000 Paarreimen, von der Weltschöpfung bis zum Tod König Salomos. Die biblischen Ereignisse wurden hier zeitgemäß gotisch verpackt: die den Text begleitenden Buchmalereien zeigen schlanke Frauengestalten in wallenden Gewändern und kämpfende Ritter in Rüstungen.
Vom Autor der Legende Karls des Großen ist kein Name bekannt, lediglich sein Pseudonym „der Stricker“. Seine Schrift ähnelt nicht der eines Geistlichen oder eines Ritters, sie lässt eher auf einen Schreiber bürgerlichen Standes schließen. Als Grundlage für sein Epos verwendete der Stricker das Rolandslied, welches von Karl und seinem treuen Gefährten Roland berichtet, welcher im tapferen Kampf gegen die Sarazenen fiel. Der durch das Horn Olifant herbeigerufene Karl konnte seinen Freund nicht retten, besiegte jedoch die Feinde in einer Schlacht, welche symbolhaft für den Sieg der Christen über die Heiden gesehen wird.
Bei den 58 Miniaturen des Codex, die auf Goldgrund verewigt wurden, handelt es sich um wahrhaft besondere Buchmalereien. Die Bilder sind nicht wie in vorherigen Werken in einem Zackenstil gehalten, sondern zeigen sich stark beeinflusst von der französischen Illuminationskunst. Biblische Elemente, antike Heldensagen und Geschichten aus dem Leben Karls des Großen werden in ausdrucksstarker Weise und überraschender Lebendigkeit dargestellt. Der Goldgrund der Malereien macht den außerordentlichen Wert des Codex deutlich. Nicht nur die beiden informativen und unterhaltsamen Geschichten, sondern auch die aufregenden Illustrationen machen dieses Werk zu einem besonderen Prachtstück des mittelalterlichen deutschen Buchhandwerkes.
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Datum | 1300 |
Herkunftsland | |
Sprache | Deutsch |